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Neue Leitlinie Schmerz-Assessment: „Pflegekräfte können wichtige Hinweise auf Schmerzen bei Heimbewohnern erfassen“
(16.05.2018) Das ist auffällig: Ungefähr sechs von zehn Bewohnern einer Altenpflegeeinrichtung leiden unter Schmerzen. „Ältere Menschen äußern ihren Schmerz aber viel seltener als jüngere, weil sie häufig glauben, dass er zum Alter dazugehört“, sagt Privatdozent Dr. Matthias Schuler, Mitglied des gemeinsamen Arbeitskreises „Schmerz und Alter“ der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und der Deutschen Schmerzgesellschaft sowie Chefarzt der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin am Diakonissenkrankenhaus Mannheim. Damit Pflegekräfte und Ärzte Schmerzen bei Heimbewohnern besser erkennen, einschätzen und schließlich auch behandeln können, hat eine interdisziplinäre Expertengruppe eine S3-Leitlinie zum Thema „Schmerz-Assessment bei älteren Menschen in der vollstationären Altenhilfe“ entwickelt. Im Interview spricht Schuler mit uns über die wesentlichen Inhalte der Leitlinie sowie über die Herausforderungen von Pflegekräften und Ärzten.
Herr Dr. Schuler, was ist das Neue an dieser Leitlinie?
Sie ist eine wissenschaftlich fundierte Empfehlung für Mitarbeiter in Altenheimen. So etwas gab es bislang im deutschsprachigen Raum nicht. Darin geben wir den Nutzern ungefähr 50 Hinweise, zum Beispiel für ein einfaches Screening auf Schmerzen, für ein differenziertes Assessment und auch für die Verlaufskontrolle.
Vor welchen Herausforderungen stehen denn Pflegekräfte und Ärzte, wenn sie die Schmerzen von älteren Menschen einschätzen müssen?
Häufig ist es gar nicht so einfach, etwas über den Schmerz eines Bewohners zu erfahren, zum Beispiel wenn er kognitive Einschränkungen hat und Fragen nicht mehr verlässlich beantworten kann. Deshalb haben wir unter anderem die vorhandenen Instrumente zur Schmerzerfassung auch in Abhängigkeit der kognitiven Fähigkeiten bewertet.
Was ist das Ergebnis?
Die Leitliniengruppe ist sich einig, dass bei nicht mehr Auskunftsfähigen die Fremdbeobachtungsskala Hinweise auf Schmerzen geben kann. Dafür ist das sogenannte BESD-Instrument als Checkliste zur Beurteilung von Schmerzen bei Demenz gut geeignet und einfach zu handhaben. BESD wird auch schon vielfach in der Praxis eingesetzt.
Wie können denn die Mitarbeiter von Altenhilfe-Einrichtungen die Empfehlungen der Leitlinie in ihren Arbeitsalltag integrieren?
Auch dazu machen wir Vorschläge. Oft nehmen Pflegekräfte wichtige Hinweise für Schmerzen schon bei ihrer täglichen Arbeit wahr. Der einzige zusätzliche Schritt wäre meist nur die Dokumentation, zum Beispiel in der Patientendokumentation, damit diese Information auch für Ärzte und andere zur Verfügung steht. Für Pflegeheime ist eine Schmerzerfassung sogar gesetzlich vorgeschrieben. Ich glaube zudem, dass man damit Menschen wirklich substanziell helfen kann, wenn ihr Leiden erkannt und gelindert wird. Wenn Menschen weniger Schmerzen empfinden, sind sie zufriedener und brauchen weniger Unterstützung. Das kann Pflegekräfte motivieren, die Empfehlungen der Leitlinie auch umzusetzen.
Was haben Sie selbst bei der Erstellung der Leitlinie gelernt?
Dass es viel zu wenige Studien gibt, um wirklich evidenzbasierte Empfehlungen zu geben. Nur in Einzelfällen konnten wir darauf zurückgreifen. Die meisten Empfehlungen basieren auf den Erfahrungen der Leitliniengruppe. Das sind circa 15 Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten. Insgesamt haben ungefähr 40 Fachgesellschaften und Organisationen mitgewirkt – ein breites interdisziplinäres Spektrum. Schließlich ist Schmerz ein Feld, das man aus verschiedenen Richtungen angehen muss.
Wie werden Sie die Umsetzung der Leitlinie begleiten?
Der nächste Schritt unserer Arbeitsgruppe ist, in einzelnen Pflegeheimen zu evaluieren, wie die Empfehlungen in der Praxis umgesetzt werden. Wir schauen, wo es Umsetzungsschwierigkeiten gibt. Danach wollen wir die Leitlinie weiter verbessern.
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