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Umfrage unter zertifizierten Alterstraumatologischen Zentren: „Delir scheint nach wie vor ein Problem zu sein“
(20.10.2020) Neue Einblicke in die Arbeit von Alterstraumatologischen Zentren: Nach 2018 hat die Arbeitsgruppe „Alterstraumatologie“ der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) in diesem Jahr erneut eine Umfrage initiiert, um mehr über die Strukturen und Funktionen der Zentren zu erfahren. Insgesamt wurden 145 Einrichtungen in Deutschland angeschrieben, 32 haben geantwortet. „Zwar haben wir uns mehr Rückmeldungen erhofft, doch angesichts der knappen Zeit-Ressourcen während der anhaltenden Corona-Pandemie sind wir schon zufrieden“, sagt Dr. Norbert Andrejew (Foto), Chefarzt des Zentrums für Altersheilkunde am Klinikum Crailsheim und Leiter der DGG-Arbeitsgruppe „Alterstraumatologie“. Im Interview erklärt er, welche wichtigen Erkenntnisse trotzdem gewonnen werden konnten und warum dies so wichtige für die Alterstraumatologie ist.
Herr Dr. Andrejew, warum ist diese Umfrage unter Alterstraumatologischen Zentren überhaupt notwendig?
Für uns Geriater ist diese Umfrage von Bedeutung, weil es bisher keine Daten darüber gab, in welcher Form Alterstraumatologische Zentren in Deutschland arbeiten. Sprich, wir konnten nicht genau sagen, ob diese Einrichtungen vorrangig Akutgeriatrie machen. Oder ob es unfallchirurgische sowie rehabilitative Einrichtungen sind. Und wir konnten nicht erkennen, in welche Richtung sie sich perspektivisch entwickeln. Auch war unklar, welche konkreten Aufgaben sie im Rahmen ihrer Zertifizierungen umsetzen. Die Umfrage hilft meiner Meinung nach nicht nur uns klinisch tätigen Geriatern, sondern auch den Einrichtungen, sich selbst einzuschätzen und im Vergleich mit anderen Institutionen zu sehen.
Um welche Fragestellungen geht es konkret?
Wir haben einen recht kurzen Fragenkatalog entwickelt, um möglichst viele zur Teilnahme zu bewegen. Wir haben zum Beispiel danach gefragt, wo und durch wen die erste Identifikation eines geriatrischen Patienten stattfindet – oder wo und durch wen die Einschätzung der kognitiven Fähigkeiten passiert. Wissen wollten wir auch, welche Personen in einer Einrichtung an Teambesprechungen und an den verschiedenen Visiten teilnehmen. Und uns interessiert, welche Projekte im vergangenen Jahr konkret umgesetzt wurden.
Jetzt haben Sie die Ergebnisse ausgewertet. Was ist Ihnen dabei ins Auge gefallen, welche Überraschungen gab es vielleicht auch?
Mich hat zum Beispiel überrascht, dass Delir nach wie vor ein Problem zu sein scheint. Zwar sind die Einrichtungen alle zertifiziert, aber offensichtlich sind sie noch nicht so zufrieden mit den Möglichkeiten der Delir-Prävention, wenn es weiterhin Projekte dazu gibt. Überraschend fand ich auch, dass ein großer Anteil der Einrichtungen in interdisziplinären Strukturen arbeitet. Ich bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt.
Welche Unterschiede konnten Sie zwischen der Erhebung 2018 und der Umfrage 2020 erkennen?
In der Gesamtschau der beiden Umfragen konnten wir 53 Einrichtungen befragen. Dabei zeigte sich die Tendenz, dass interdisziplinäre Alterstraumazentren prozentuell eher zunehmen. 53 Prozent der Umfrageteilnehmer in diesem Jahr, die geantwortet haben, arbeiten interdisziplinär. Bei den Zentren, die jeweils 2018 und 2020 an der Erhebung teilgenommen haben, erkennen wir eine Steigerung von 36,3 Prozent auf 54,5 Prozent im Bereich des interdisziplinären Arbeitens. In 90 Prozent dieser Zentren konnten wir feststellen, dass zwei Akut-Hauptfachabteilungen vorhanden sind – als Geriatrie und Unfallchirurgie.
Wo erwarten die zertifizierten Einrichtungen Herausforderungen?
Das ist ein bunter Strauß. Es ging etwa um Personalprobleme, um die Umsetzung des Bundessozialgerichturteils im Jahr 2018 – und in 2020 um die Umsetzung der GBA-Richtlinie zur Versorgung hüftgelenknaher Frakturen. Etwa ein Viertel der Einrichtungen, die geantwortet haben, nannten Delir als eine der wesentlichen Herausforderung.
Was soll jetzt in einem nächsten Schritt nach Auswertung der Umfrage passieren?
Mit den gewonnenen Daten wollen wir ein Positionspapier erstellen, das die Mindestmerkmale von interdisziplinär arbeitenden Alterstraumazentren beschreibt. Ich werde versuchen, die teilnehmenden Einrichtungen zur aktiven Mitarbeit – auch in der DGG und eben besonders in unserer Arbeitsgruppe Alterstraumatologie – zu motivieren. Wir haben ja noch offene Projekte, wie beispielsweise zu den Musterbehandlungspfaden. Da würde ich mir sehr wünschen, wenn dort wertvolle Erfahrungen seitens der Alterstraumatologischen Zentren einfließen könnten. Zudem glaube ich daran, dass jeder vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch profitieren kann.
Foto: Klinikum Crailsheim
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